„Na dann erzählen Sie doch mal etwas über sich“: Teil I

Es ist Vorstellungsgespräch. Präsentationszeit. Sie haben den Arbeitgeber, der Sie eingeladen hat, gerade persönlich oder in der Telefonkonferenz kennengelernt. Vielleicht sind Personen aus dem HR-Bereich oder Ihrer eventuell zukünftigen Abteilung dabei. Die Anfangsfloskeln sind ausgetauscht, der Small-Talk hat stattgefunden. Der erste lockere Spruch ist platziert. Es wurde bereits das erste Mal zusammen über einen Scherz gelacht. Wäre möglich. Eventuell hat der Gesprächspartner zuerst noch über das eigene Unternehmen und die zu besetzende Stelle berichtet. Auch möglich. Dann aber kommt vom Gesprächsführer ganz salopp und aus der Hüfte geschossen die Aufforderung: „Na dann erzählen Sie doch mal etwas über sich“.

Die Kunst der Selbstpräsentation im Vorstellungsgespräch: Teil 1

Haben Sie das schon erlebt? Kommt Ihnen das bekannt vor? In den meisten Fällen von Vorstellungsgesprächen, ich tippe auf über 80%, läuft es so ab: Sie werden zu Beginn des Vorstellungsgespräches, innerhalb des ersten Zeit-Viertels mit der freundlichen Aufforderung konfrontiert, „etwas über sich zu erzählen“.

Hier wird es ernst!

Man könnte geneigt sein einen Witz zu machen und darauf zu antworten: „Schauen Sie doch einfach in den Lebenslauf, der vor Ihnen liegt.“ Aber dies hätte natürlich mit der Realität nichts zu tun. Nicht nur, weil diese Antwort an und für sich undenkbar ist, sondern weil der Arbeitgeber mit seiner Aufforderung vieles erfahren möchte, aber nicht die schnöde, chronologische Aufzählung der Stationen Ihres Werdeganges.

Hier geht es um IHRE Selbstpräsentation

Ich vertrete die These, dass die Ausführung dieser Aufgabenstellung, also Ihre Selbstpräsentation, allein schon mehr als 50 % der Entscheidung für oder gegen Sie ausmacht. Also Vorsicht. Lassen Sie sich nicht davon täuschen, dass die Atmosphäre bislang toll ist und die Arbeitgeber sich Ihnen gegenüber sehr wohlwollend verhalten haben. An dieser Stelle ist höchste Konzentration gefragt. Der Härtetest beginnt in diesem Moment.

Unterschiedliche Meinungen

Liebe Leser*innen, vorweg muss ich hier kurz darauf hinweisen, dass es in diesem Themenbereich viele unterschiedliche Meinungen darüber gibt, wie Ihre Selbstpräsentation auszusehen hat. Fragen Sie vier Coaches, gibt es fünf Meinungen. Ich schreibe zu diesem Thema aus voller Überzeugung und versuche darzustellen, was ich logisch für eine richtige Art der Präsentation halte. Sie haben eventuell auch schon andere Aussagen gehört, als das was jetzt kommt. Vielleicht leuchtet Ihnen das Nachfolgende nicht ein oder meine Ausführungen sind aus einem ganz anderen Grund für Sie nicht praktikabel? Dann ist das auch gut. Entscheidend ist, Sie bleiben authentisch. Machen Sie es so wie Sie es sich denken. Aber trainieren Sie bitte vorher.

Was möchte der Arbeitgeber erkennen?

Ich habe oben geschrieben, dass hier nicht die Wiedergabe des Lebenslaufes in gesprochenen Sätzen das wichtigste ist. Was dann? Was möchte der Arbeitgeber hier tatsächlich erfahren? Er möchte erfahren was Sie für ein Mensch sind. Er möchte erfahren, ob Sie ausschweifen oder sich kurz halten können. Er möchte erfahren, ob Sie sich ablenken lassen (Achtung: Zwischenfragen) oder ob Sie glasklar bei der Sache bleiben. Er möchte erfahren was Sie motiviert und antreibt oder ob Sie eher mit weniger Biss ausgestattet sind. Er ist gespannt darauf, ob Sie energisch drauf los erzählen oder die Geschichte Ihrer Person ruhig und konzentriert darstellen. Er möchte wissen, was für ein Typ Sie sind – vorne weg oder Mitläufer. Er möchte hier herausfiltern, ob Sie gut in das Team passen, sich einfügen können oder ob Sie beispielsweise als Alpha-Tier mit dem bereits in der Abteilung ansässigen Alpha-Tier aneinander geraten werden.

All diese Informationen und noch viel mehr holt sich der Arbeitgeber aus Ihrer Selbstpräsentation, während sie wichtige Bereiche Ihrer Biografie darstellen.

Was ist mit der beruflichen Kompetenz?

In Ordnung, sie werden jetzt einwenden, dass Kenntnisse, Fertigkeiten und von Ihnen bereits in der Praxis ausgeführte Tätigkeitsbeschreibungen auch relevant sind und für die Entscheidung „für oder gegen Sie“ eine gewichtige Rolle spielen. Aber bedenken Sie: Sie sitzen dem Arbeitgeber bereits gegenüber. Sie sind praktisch schon ein Gewinner und haben diese erste schwere Hürde längst genommen. Sie haben bereits fachlich überzeugt. Es gäbe sonst nur wenige Gründe seitens des Arbeitgebers, dieses Gespräch mit Ihnen zu führen, nicht wahr?

Wie sieht der Inhalt aus, was gehört rein?

Zur Erinnerung: Der Arbeitgeber checkt Sie als Typ an dieser Stelle ab. Er möchte wissen wie Sie ticken. Im Idealfall geben Sie ihm, was er braucht und Sie haben nach der Präsentation die Stelle schon halb in der Tasche. Das wäre wie gesagt der Idealfall.

Wichtig dafür: Lassen Sie einen roten Faden erkennen. Wenn Sie meinen es gibt bei Ihnen in der Biografie keinen „roten Faden“, vertrauen Sie mir. Ich sage: „Es gibt immer einen roten Faden“. Der ist im günstigsten Fall bei uns im Vorfeld im Talentcenter über den Aufbau Ihrer Bewerbungsunterlagen erarbeitet worden (Elemente 1 und 2).

Darüber hinaus lassen Sie bitte in Ihrem Vortrag Ihre Motivation erkennen. Der Arbeitgeber möchte von Ihnen hören, was Sie an dieser Position und in diesem Unternehmen reizt. Er möchte für sich bestenfalls einschätzen können, ob Sie ein Mitarbeiter sind, auf den er dauerhaft für einige Jahre setzen kann.

Wenn Sie jetzt denken, das klingt doch alles total theoretisch, dann haben Sie Recht. Biografien sind oft sehr unterschiedlich und es gibt die Haken und Ösen, die in Ihrem Werdegang „herumgeistern“. Es gibt Themen, die Sie im Gespräch pauschal lieber vermeiden. Fehlgeleitete Berufs- oder Studienwahl. Kündigungen oder Lücken. Es gibt einige Punkte, die geeignet sind beim Bewerber Unwohlsein zu verursachen. Und Unwohlsein ist optisch und sprachlich sofort und unerbittlich erkennbar.

Jeder Bewerberfall ist anders und daher ist es unmöglich, eine passende und pauschale Formel für Ihre Präsentation abzugeben. Aber ich werde es im zweiten Teil versuchen. Soviel vorab: Sie sollten nach ungefähr 90 Sekunden mit Ihrer Präsentation fertig sein.

Über den Autor: Werner Dressler startete als Jobcoach bei der TERTIA in Bergheim und ist in gleicher Funktion seit Februar 2020 bei der TERTIA in Düsseldorf tätig. Sein Berufsleben ist geprägt durch Beratertätigkeiten in den Bereichen Vertrieb und im Marketing. Über zwölf Jahre war er als selbständiger Agenturleiter tätig. Im Talentcenter berät Herr Dressler Menschen bei Ihrer Berufs- und Karriereplanung. Seine Schwerpunkte: Bewerbungscoaching, Selbstpräsentation und Kommunikation.

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