Das Anschreiben: Teil I

Es ist die „Königsdisziplin“ der schriftlichen Bewerbung – das Anschreiben. Nichts bereitet mehr Arbeit und für keinen anderen Bestandteil der Bewerbung muss man sich so viel Zeit nehmen. Immer wieder wird neuerdings aber auch die Sinnhaftigkeit des Verfassens von Anschreiben hinterfragt und manche Arbeitgeber verzichten sogar darauf.

Wir werden hier im TC-Blog einmal einen Rundum-Blick auf das Thema werfen: Wann ist ein Anschreiben gefragt? Worauf muss man achten? Und: Wie ist es bestellt um die Zukunft des Anschreibens?

Stellung des Anschreibens

Mit dem Anschreiben nimmt der/die Bewerber*in Kontakt zum/zur Arbeitgeber*in auf. Rein formal entspricht das Anschreiben der eigentlichen Bewerbung (= Absicht, sich für die Stelle zu melden), Lebenslauf und Zeugniskopien sind die Anlagen, sozusagen das „Infomaterial“ zum/zur Bewerber*in. Vor dem E-Mail-Zeitalter war es z. B. verpflichtend, der/dem Bewerber*in die Anlagen später zurückzusenden, während das Anschreiben als Bestandteil der Geschäftskorrespondenz beim Arbeitgeber verblieb. Im Zeitalter der elektronischen Kommunikation spielt das keine Rolle mehr, hier können keine Anlagen mehr „zurückgeschickt“ werden. Dafür müssen nach Ablauf der Frist die Anlagen aus Datenschutzgründen gelöscht werden.

Die Grundidee hinter dem Anschreiben ist, dass der/die Bewerber*in sich hier erklären muss: Warum will er/sie diesen Job und warum bei diesem Arbeitgeber? Es geht also um die Beweggründe, die hinter der Bewerbung stecken. Der Arbeitgeber erfährt hier, warum Sie sich für die Stelle in diesem Unternehmen bewerben, was Ihre Motivation ist und warum Sie glauben, dass Sie diese Stelle gut ausfüllen können. Manchmal wird deshalb auch von „Motivationsschreiben“ gesprochen, wenn es um das Anschreiben geht, vor allem im anglo-amerikanischen Raum.

In Deutschland ist ein „Motivationsschreiben“ aber ein besonderes Schreiben (das im Übrigen recht selten gefordert wird) und auf dieses werden wir in einem eigenen Blogbeitrag zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal genauer eingehen. Hier soll es zunächst um das „normale“ Anschreiben gehen.

Funktion des Anschreibens

Das Herausfinden der Motivation der Bewerbenden ist also die Kernfunktion des Anschreibens. Zwar ist das Anschreiben so etwas wie ein „Werbebrief“ für Sie, Sie sollten bei diesem Werbebrief aber daran denken, dass es nicht nur darum geht, dass Sie im Scheinwerferlicht stehen! Es geht vor allem darum, dem Arbeitgeber zu vermitteln, warum gerade Sie gut zu ihm passen.

Um das nachvollziehen zu können, bitte ich Sie, sich folgendes vorzustellen: Sie sind Personalverantwortliche*r in einem Unternehmen. Sie haben ein Problem und benötigen eine Lösung. In diesem Fall gibt es eine freie Stelle (Problem) und die muss besetzt werden (Lösung). Das ist Ihr Job! Ein Anschreiben zu einer Bewerbung, das Ihnen die Lösung Ihres Problems verspricht, wird Sie daher viel eher ansprechen, als eines, in dem der/die Bewerber*in schreibt, wie toll er oder sie ist, auch wenn die wunderbaren Eigenschaften, die angegeben werden, gar nicht wichtig für die Stelle sind.

Vermutlich werden Sie jetzt denken „Ja, das ist doch logisch“, aber: Leider ist es tatsächlich sehr oft der Fall, dass Bewerber*innen den Fehler machen, möglichst viel Positives über sich aufzuführen, in der Hoffnung, dass dann schon etwas dabei sein wird, was der Arbeitgeber gut findet. Im Zweifel ist das schlecht für Sie – der/die Personalverantwortliche findet seine/ihre „Lösung“ nicht und langweilt sich beim Lesen der Aufzählung Ihrer Vorzüge. Fazit: Es geht beim Verfassen des Anschreibens darum, Anforderungen aus der Stellenanzeige aufzugreifen und eine Art Nutzenargumentation für sich selbst bezogen auf genau diese Stelle zu führen.

Genau das ist der Grund, warum Anschreiben nicht als Standard verfasst werden können, sondern in Bezug auf jeden Arbeitgeber immer wieder neu aufgebaut werden müssen. Wie bereits erwähnt – das Anschreiben ist „Arbeit“ und zwar immer wieder, auch wenn es einem mit zunehmender Übung natürlich leichter fällt und man schon mal die eine oder andere Formulierung beibehalten kann.

Anfang und Ende

In der Theorie der sozialen Wahrnehmung und auch in der Werbewirkungsforschung ist der sog. „Primacy-Effect“ (auf Deutsch „Primäreffekt“) bekannt. Das bedeutet, dass meist das, was am Beginn der Botschaft ist, besonders im Gedächtnis haften bleibt (ein ähnlicher Effekt gilt übrigens für das Ende der Botschaft), während die Mitte stärker in den Hintergrund tritt. Vielleicht haben Sie schon einmal den Spruch „Der erste Eindruck bleibt, der letzte Eindruck zählt“ gehört, er bezieht sich auf diese Wahrnehmungseffekte. Daher sind der erste und der letzte Absatz besonders wichtig im Anschreiben.

Aufbau des Anschreibens

Lassen Sie uns also auf Inhalt und Aufbau eines typischen Bewerbungs¬anschreibens schauen. Das typische Anschreiben ist in verschiedene Sinnabschnitte (Absätze) eingeteilt:

1. Absatz = Motivation, Anlass, Begründung der Bewerbung
2. Absatz = Fachliche Qualifikationen des/der Bewerber*in
3. Absatz = Persönliche Qualifikationen des/der Bewerber*in
4. Absatz = Angabe von Fristen, Gehaltsvorstellung, sonstigen formalen Aspekten, falls erforderlich
5. Absatz = Abschlussformel, in dem die Bereitschaft, sich zu einem Vorstellungsgespräch zur Verfügung zu stellen, erklärt wird

Darum geht es im ersten Absatz

Warum bewerben Sie sich? Stellen Sie hier die Motivation Ihrer Bewerbung dar. Dazu kann gehören, wie Sie auf die Stelle aufmerksam geworden sind und warum es Sie reizt, bei diesem Arbeitgeber zu arbeiten. Im ersten Absatz entscheidet sich meist, ob der/die Adressat*in weiter liest, deshalb sollte man hier schon Interesse und Neugierde wecken.

Wie schreibt man nun einen „guten“ ersten Absatz? Dass die Formulierung „Hiermit bewerbe ich mich…“ schon seit ein paar Jahren in die Mottenkiste gehört, wissen Sie natürlich. Wie man es besser macht und worauf Sie achten sollten – das schauen wir uns in der nächsten Folge dieses Blogs zum Thema „Das Anschreiben“ an.

Über die Autorin: Karla Klose leitet die Düsseldorfer Niederlassung der TERTIA. Die Wirtschaftswissenschaftlerin mit über zwanzigjähriger Schulungs- und Coachingerfahrung setzt auf individuelles und fallbezogenes Bewerbungscoaching. Sich mit der eigenen „Be-Werbung“ wohlzufühlen und damit authentisch rüberzukommen, ist Ihrer Meinung nach eine wichtige Voraussetzung dafür, selbstbewusst und erfolgreich zu sein. Ihr Schwerpunktthema ist die Kommunikationspsychologie, die im Bereich der Selbstvermarktungsstrategien immer wieder wichtiges Anwendungswissen bietet.

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