Die Gehaltsverhandlung: Teil I

„Über Geld spricht man nicht!“ Diesen Spruch hat jeder schon einmal gehört. Für die meisten Menschen ist Geld ein Tabuthema: Hat man viel, ist es unfein damit anzugeben. Hat man wenig, ist es peinlich darüber zu reden. Sprechen Sie über Geld? Und wenn ja, auch über Ihr Gehalt? Wir wollen das hier tun – aus mancherlei Perspektive. Damit Sie wissen, über was Sie im Bewerbungsgespräch sprechen.


Wer redet wie über Geld?

Im Wirtschaftsportal der Online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung gab es Anfang Juni 2020 eine Interviewreihe „Reden wir über Geld“. Dort wird ein interessanter Bogen gespannt: Von der Theaterschauspielerin, die sagt „In unserer Branche hat Geld etwas Anrüchiges“ bis hin zum ehemaligen Fußballmanager Rainer Calmund, der von irren Fußballtransfergehältern berichtet, die ihm „Schweißausbrüche“ bescherten. Wie hier über Geld und auch über viel Geld gesprochen wird, ist aufschlussreich, denn ob und wie Menschen über Geld reden, hängt auch ab von der Bedeutung, die es für ihre jeweilige Situation hat: Während vom Theater-Künstler erwartet wird, dass er die Kunst um der Kunst willen tut, nicht wegen des Geldes, ist es für den Rapper oder Youtuber wichtig, darüber zu reden – nämlich um zu zeigen, dass man es „geschafft“ hat.

Geld und Beruf

Eine Situation, in der wir irgendwann alle über Geld reden müssen, ist die Bewerbung, und zwar, wenn es um Lohn oder Gehalt geht. Und das fällt erfahrungsgemäß den meisten Bewerbern schwer. Angefangen bei der Frage „Was schreibe ich ins Bewerbungsschreiben, wenn ich nach dem Wunschgehalt gefragt werde?“ bis hin zur konkreten Gehaltsverhandlung im persönlichen Gespräch, sind die Unsicherheiten groß.

Um gut aufgestellt zu sein für die Frage nach dem Gehalt, wollen wir uns hier zunächst Gedanken darüber machen, was Geld in unserem Alltag bedeutet, woher das Gehalt kommt und warum Menschen unterschiedlich viel Geld für ihre Arbeit bekommen.

Geld als Tauschmittel

Geld wird meist als „allgemein anerkanntes Tausch- und Zahlungsmittel“ bezeichnet. Es ist irgendwie immer präsent und so etwas wie ein Schmiermittel für unseren Alltag. Denn angefangen vom Brötchenkauf am Morgen bis hin zum Autokauf und egal, ob wir bar oder bargeldlos bezahlen – ohne Geld kein Tausch. Denn das steckt schlussendlich dahinter: Ich tausche ein! Das Geld kommt ja nicht bloß aus dem Geldautomaten, sondern aus den Wertschöpfungsprozessen unserer Wirtschaft. Geld wird vor allem als Speicher dieser Wertschöpfung genutzt und diese entsteht meistens durch Arbeit. So gesehen könnte man Geld gewissermaßen auch als „gespeicherte Arbeitskraft“ bezeichnen.

Und da sind wir dann auch schon beim Lohn bzw. Gehalt. In Arbeitsverträgen heißt das übrigens meist „Arbeitsentgelt“, was ich übrigens viel treffender finde. Aber: Für welche Arbeitskraft genau und wie wird die „gemessen“? Und wie viel Geld gibt es dann für welche Arbeit?

Geld für Arbeit

Lassen Sie uns nun die Arbeit, für die man ein Entgelt bekommt einmal näher anschauen: Wir stellen einem Arbeitgeber unsere Arbeitskraft zur Verfügung und zwar in einem Umfang, der im Arbeitsvertrag geregelt ist. Diese Überlegung ist von großer Bedeutung, denn die eine Größe (das Geld) kann nur im Verhältnis zu der anderen Größe (der Arbeitsleistung) bewertet werden.

Ich möchte Sie an dieser Stelle dazu anregen, über die Art einer Arbeitsleistung einmal nachzudenken: Was gehört genau dazu? Denken Sie dabei an folgende Aspekte:

  • Wieviel wird pro Tag/Woche/Monat gearbeitet (Zeit)?
  • Wie ist die Güte der Arbeit (Qualität)?
  • Muss man, und wenn ja, wie, ausgebildet sein, um eine Arbeit zu machen?
  • Spielt das Alter eine Rolle?
  • Braucht man Erfahrung oder Fertigkeiten? Wenn ja, welche?
  • Braucht man bestimmte Talente?
  • Benötigt man bestimmte geistige Fähigkeiten?
  • Benötigt man bestimmte körperliche Merkmale oder Fähigkeiten?
  • Kann Jede*r jede Arbeit machen?

Wenden Sie die Überlegungen auf verschiedene Tätigkeiten an: Radiomoderator, Ingenieurin, Taxifahrer, Lehrerin, Schauspieler, Romanautorin, Lagerarbeiter, Verkäuferin, Arzt, Tennisspielerin, Kindergärtner, Buchhalterin… und auf Ihren eigenen Beruf.

Solche Überlegungen sind ein wichtiger Ausgangspunkt dafür, wie ein Arbeitsentgelt zustande kommt. Denn obwohl in der Regel gilt: Je mehr und je spezialisiertere Arbeit jemand macht, desto mehr Geld bekommt jemand, kann man trotz allem keine „objektiven“ Kriterien für ein Arbeitsentgelt heranziehen, die tatsächlich in jedem Fall nachvollziehbar sind.

Ein Beispiel: Das Magazin „Forbes“ schätzt, dass Cristiano Ronaldo aktuell im Jahr 46 Millionen Dollar (Gehalt und Prämien) bekommt. Unabhängig von der der Frage, ob seine Arbeitsleistung das „wert“ ist, steht er im Vergleich mit Lionel Messi (81 Millionen Dollar) aber schlecht da. Und was soll Star-Stürmer Robert Lewandowski (geschätzt 15 Millionen Euro) dazu sagen?

Nun sind die Gehälter von Profi-Fußballern und die mit einem Prominentenstatus verbundenen Werbeeinnahmen natürlich immer ein Reizthema, keine Frage. Also wieder weg vom Fußball und schnell zurück in die „normale“ Arbeitswelt… Verabschieden wir uns von dem Gedanken, dass es objektive oder gar „gerechte“ Kriterien für die Höhe eines Arbeitsentgelts gibt. Zu sehr spielen dabei Faktoren wie Angebot und Nachfrage, Tarifverträge, Gewerkschaftsmacht, eine unterschiedliche öffentliche Wertschätzung von Tätigkeiten, das Image des Berufes und die Vermarktbarkeit der Leistungen eine Rolle. Auch die Branche, die Region und der Wirtschaftszweig oder ob es ein privater oder öffentlicher Arbeitgeber, ein kleiner oder großer Betrieb ist, spielen eine Rolle.

Spätestens jetzt ist uns allen klar: Ein Riesen-Thema, das Arbeitsentgelt! Deshalb geht es mit diesem Thema auch weiter in unserem Blog. In meinem nächsten Beitrag wird es um die Frage gehen, was Sie in Ihrem Bewerbungsschreiben als Gehaltswunsch angeben – und dafür werden Ihnen die hier angestellten Überlegungen nützlich sein. Denn: Je klarer Ihnen die genannten Zusammenhänge sind, desto leichter wird es Ihnen fallen, einen realistischen Gehaltswunsch zu formulieren.

Über die Autorin: Karla Klose leitet die Düsseldorfer Niederlassung der TERTIA. Die Wirtschaftswissenschaftlerin mit über zwanzigjähriger Schulungs- und Coachingerfahrung setzt auf individuelles und fallbezogenes Bewerbungscoaching. Sich mit der eigenen „Be-Werbung“ wohlzufühlen und damit authentisch rüberzukommen, ist Ihrer Meinung nach eine wichtige Voraussetzung dafür, selbstbewusst und erfolgreich zu sein. Ihr Schwerpunktthema ist die Kommunikationspsychologie, die im Bereich der Selbstvermarktungsstrategien immer wieder wichtiges Anwendungswissen bietet.

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