Die Gehaltsverhandlung: Teil II

Das Bewerbungsanschreiben ist fertig, Sie sind zufrieden mit dem, was Sie formuliert haben. Aber dann fällt der Blick auf die Stellenausschreibung und da steht: „Bitte senden Sie Ihre Bewerbung… unter Angabe Ihrer Gehaltsvorstellung an….“. „Mist!“, denken Sie, „Was schreibe ich da bloß hin?“

Es geht also weiter mit den Überlegungen zum Thema „Arbeitsentgelt“. Aufbauend auf den letzten Blogbeitrag möchte ich gemeinsam mit Ihnen heute einen Blick auf das Thema „Gehaltswunsch angeben“ werfen, das erfahrungsgemäß viele Bewerber*innen – vor allem Berufseinsteiger*innen – als schwierig empfinden.

Wann wird diese Frage überhaupt gestellt?

Zunächst einmal muss klar sein, dass die Aufforderung nach der Angabe des Gehalts nicht in jeder Stellenanzeige steht. Steht sie da, sollten Sie darauf reagieren und die Angabe auch machen. Sie wollen ja nicht, dass man denkt, Sie hätten die Stellenanzeige nicht richtig gelesen!

Auch in Bewerberportalen und Online-Recruitingsystemen ist oft ein Feld für den Gehaltswunsch vorgesehen. Handelt es sich dann um ein sog. „Pflichtfeld“ und Sie bearbeiten dieses Feld nicht, können Sie Ihre Bewerbung womöglich gar nicht absenden. Andererseits: In Berufen, in denen das Lohn- und Gehaltsgefüge klar geregelt ist, entfällt die Frage nach dem Verdienst in der Regel. Das ist z. B. im öffentlichen Dienst so oder wenn es eine starke Gewerkschaft gibt, die einen allgemeingültigen Tarifvertrag für die jeweilige Branche errungen hat, an den der Betrieb sich halten muss. In der Anzeige steht dann bloß: „Die Vergütung erfolgt nach…“ und der Fall ist erst einmal erledigt. Sollte es in Ihrer Branche aber nicht üblich sein, dass das Arbeitsentgelt festgelegt bzw. nur begrenzt verhandelbar ist oder sollten Sie sich im außertariflichen Bereich bewegen, dann lesen Sie weiter.

Auf die Bezugsgröße kommt es an

Zunächst erst einmal eine formale Sache: Wenn Sie Ihren Gehaltswunsch im Anschreiben formulieren müssen, achten Sie auf die Bezugsgrößen. Denn je nach Beruf und Branche sind verschiedene Bezugsgrößen üblich. In gewerblichen Berufen, z. B. der Lager- und Logistikbranche, wird das Arbeitsentgelt meist in Stundenlohn angegeben. Zu dem eigentlichen Stundenlohn kommen gegebenenfalls noch spezielle Stundenlöhne, wie z. B. eine Nacht- oder Gefahrenzulage hinzu. Bei kaufmännischen Berufen ist eine Angabe des Monatsgehalts üblich und in akademischen Berufen kommt das Jahresgehalt zur Anwendung. Auch in den Bewerberportalen wird oft nach dem Jahresgehalt gefragt, dann muss man u. U. mal alles zusammenrechnen.

In vielen Berufen gibt es darüber hinaus eine erfolgsabhängige Komponente beim Arbeitsentgelt, z. B. im Vertrieb wie beim Möbelverkauf oder in der Versicherungsbranche. Dann ist oft die Rede von einem Grundgehalt plus Prämien, Provisionen oder Erfolgsbeteiligungen.

Bei der Angabe des Gehalts ist immer das Bruttogehalt gemeint. In welcher Steuerklasse Sie sind und was Sie absetzen können usw. ist für den Arbeitgeber natürlich nicht nachvollziehbar, deshalb eignet sich das Bruttogehalt am besten für Vergleiche.

Bei der Angabe des Gehalts kommt erschwerend hinzu, ob es sich dabei um 12 oder 13 Monatsgehälter handeln soll. Bevor es jetzt aber zu kompliziert wird: Diese Details werden in der Regel erst im Bewerbungsgespräch selbst geklärt und müssen nicht zwingend im Anschreiben formuliert werden. Wichtig ist aber, dass Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht haben!

Arbeitsentgelt – für was genau?

Klar ist: Das Arbeitsentgelt steht immer im Verhältnis zur geleisteten Arbeit. Die geforderte Leistung wird intern im Unternehmen in der Stellenbeschreibung abgebildet. Die Stellenbeschreibung ist Grundlage für die Angaben in der Stellenausschreibung, der Anzeige oder Veröffentlichung in einem Jobportal. Diese Stellenanzeige sollten Bewerber*innen immer sehr gut lesen und auch zu interpretieren wissen.

Meiner Erfahrung nach ist es wichtig, sich intensiv mit der Stellenanzeige zu beschäftigen, die Anforderungen genau zu identifizieren und ggf. auch einmal zwischen den Zeilen zu lesen. Ich habe schon zu oft erlebt, dass Kunden sich einfach auf die „falschen“ Stellen beworben haben und dann immer wieder durch Absagen frustriert wurden, weil sie über- oder unterqualifiziert waren. Vor allem Berufseinsteigern wie Hoch- und Fachhochschulabsolventen oder Branchenwechslern fällt es oft schwer, hier einen „Anpack“ zu finden.

Wenn Sie tatsächlich die Stelleninhalte analysiert haben und wissen, was davon Sie selbst gut bzw. nicht ganz so gut können, können Sie entscheiden, ob Sie sich bewerben wollen. Natürlich kennen Sie sich selbst in Ihrem Metier am besten aus, aber oft hilft gerade hier der Austausch mit Ihrem Coach.

Was ist Ihre Arbeit wert?

Erst der nächste Schritt ist dann, zu überlegen, was für ein Verdienst zu dieser Arbeit gehört. Meiner Meinung nach sollten Bewerber nicht vergessen zu überlegen, was ihrer Meinung nach ihre Arbeitskraft wert ist. Damit ist natürlich nicht gemeint, dass wir alle gaaaanz viel wert sind! Bleiben wir realistisch: „Verdienen“ tut man viel, ob man es dann bekommt ist die andere Frage.

Fragen sollten Sie sich vielmehr realistisch, wie Sie sich und Ihre Fähigkeiten, Erfahrungen usw. einschätzen und wieviel Sie glauben, dafür auf dem Arbeitsmarkt erzielen zu können. Es geht also um die Frage nach Ihrem „Marktwert“ (auch wenn das zugegebenermaßen ein kaltes Wort für einen lebendigen Arbeitnehmer ist). Um diesen Wert einschätzen zu können, müssen Sie sich gut kennen, Ihre Aktivposten auflisten und diese ins Verhältnis zum Markt setzen.

Der Faktor „Angebot und Nachfrage“ spielt übrigens bei der Ermittlung des Marktwerts eine große Rolle. Selbst wenn Sie nicht besonders qualifiziert sind – sobald es in Ihrem Beruf einen Engpass gibt, steigt Ihr Marktwert. Und umgekehrt gilt: In Zeiten der Vollbeschäftigung haben oft auch hochqualifizierte Arbeitnehmer Probleme, eine passende Arbeitsstelle zu finden. Diesen Effekt sollte man nicht unterschätzen. Menschen, die in einem sog. Engpassberuf arbeiten (d. h. einem Beruf, in dem gerade die Nachfrage größer als das Angebot an Bewerbern ist) haben keine oder wenig Probleme, ein höheres Gehalt zu realisieren.

Ohne Recherche geht es nicht

Um zu bestimmen, was eine bestimmte Kombination von Ausbildung, Erfahrung und Können auf dem Arbeitsmarkt wert ist, benötigen Sie Anhaltspunkte. Wenn Sie die Stelle wechseln, haben Sie Ihr altes Gehalt als Erfahrungswert. Wenn Sie Berufs- oder Wiedereinsteiger sind oder sich beruflich oder regional umorientieren, dann fehlt Ihnen diese Größe. Dann müssen Sie sich schlau machen! Hilfreich dabei sind z. B. Internetportale, die Gehaltsvergleiche anbieten. Dazu einfach einmal unter den Begriffen „Gehaltsvergleich“ oder „Gehaltscheck“ im Netz recherchieren. Auch die Seiten der Berufsverbände und Gewerkschaften bieten gute Hinweise.

Ich empfehle dann gerne folgendes Vorgehen:

Nehmen Sie ein DINA-4-Blatt quer und ziehen Sie in der Mitte eine Linie. Ganz links tragen Sie den Betrag ein, den Sie verdienen müssen, um alle Kosten zu decken (Miete, Essen, Versicherungen…). Das ist Ihr „Minimalgehalt“ (kleinster Wert). Ganz rechts tragen Sie jetzt ein, was für Sie (aber ohne zu übertreiben!) ein schönes üppiges Gehalt wäre. Ich nenne das „realistisches Traumgehalt“ (größter Wert). Tragen Sie weiter (wenn vorhanden) auf dieser Linie auch Ihr altes Gehalt ein. Dann ordnen Sie weitere Werte, die Sie recherchiert haben, auf der Linie ein z. B. „altes Gehalt plus 20%“, „Gehalt in Bayern“, „Gehalt in großem Unternehmen“ oder „Gehalt mit Zusatzqualifikation X“ usw. Je mehr Werte Sie auf dieser Linie eintragen, desto besser.

Der Effekt dieser Schreibarbeit ist, dass Sie ein Gefühl für die Zahlen bekommen, um die es geht. Im Vergleich mit der Stellenbeschreibung fällt es Ihnen dann leicht(er), den richtigen Gehaltswunsch anzugeben oder auch einmal unterschiedliche Gehaltsangaben in verschiedenen Bewerbungen zu testen.

Für Berufseinsteiger, aber auch für Menschen, die gerade ihre berufliche Perspektive verändern, ist die Frage nach der „richtigen“ Höhe des geforderten Gehalts am Anfang also zunächst verbunden mit richtig viel Arbeit. Sie können auf keine Erfahrungswerte zurückgreifen und müssen erst einmal ein Gefühl für die Höhe des Arbeitsentgelts bekommen. Die oben angegebene Methode hilft durch die Visualisierung dabei, dieses Gefühl zu entwickeln. Bei diesem Prozess kann Ihr Coach Sie übrigens tatkräftig unterstützen und als Impulsgeber und Ratgeber zur Seite stehen. Aber es ist eine Arbeit, die sich lohnt, denn es macht Sie sicherer im Bewerbungsprozess, vor allem im Bewerbungsgespräch.

Wie Sie sich hier am besten darstellen, wenn es um die Frage nach der Entlohnung geht und das hier außer dem reinen Arbeitsentgelt auch noch andere Faktoren eine Rolle spielen – darum wird es im nächsten Blogbeitrag dieser Reihe gehen.

Über die Autorin: Karla Klose leitet die Düsseldorfer Niederlassung der TERTIA. Die Wirtschaftswissenschaftlerin mit über zwanzigjähriger Schulungs- und Coachingerfahrung setzt auf individuelles und fallbezogenes Bewerbungscoaching. Sich mit der eigenen „Be-Werbung“ wohlzufühlen und damit authentisch rüberzukommen, ist Ihrer Meinung nach eine wichtige Voraussetzung dafür, selbstbewusst und erfolgreich zu sein. Ihr Schwerpunktthema ist die Kommunikationspsychologie, die im Bereich der Selbstvermarktungsstrategien immer wieder wichtiges Anwendungswissen bietet.

10220cookie-checkDie Gehaltsverhandlung: Teil II

Schreibe einen Kommentar

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmen Sie dem zu.