Digitalisierung und die Veränderung der Arbeitswelt: Teil I

„Durch die Digitalisierung stehen wir vor einem radikalen Umbau unserer Gesellschaft, der tiefe Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben wird.“ Äußerungen dieser Art hören oder lesen wir häufig von Soziologen, Wissenschaftlern, Arbeitsmarktforschern oder sonstigen Vordenkern unserer Gesellschaft. Und sie verunsichern uns, zumal wir zusätzlich im Alltag von den Restriktionen und auferlegten Regeln der Corona-Krise geplagt werden.

Die Entwicklungen der letzten Monate und Wochen habe ich zum Anlass genommen, mich nochmals intensiv mit dem Thema Digitalisierung der Arbeitswelt zu beschäftigen und möchte Sie gerne mit diesem Blogbeitrag an meinen Gedanken teilhaben lassen.

Teil I: Die nächsten Jahrzehnte

Was heißt eigentlich Digitalisierung?

Der Begriff „Digitalisierung“ meint nicht immer das Gleiche. In der Politik geht es darum, Glasfaserkabel in abgelegenen Gegenden der Republik zu verlegen oder einfach nur die Schulen mit dringend notwendiger digitaler Technik zu versorgen. Es verwundert, dass in keiner Bezeichnung eines der vierzehn Ministerien der Bundesrepublik Deutschland der Begriff „Digitalisierung“ vorkommt. Das Thema, eines der wichtigen unserer Zukunft, wird auf unterschiedliche Ministerien, wie „Bildung und Forschung“ oder „Verkehr“ verteilt, in diesen werden aber unterschiedliche Interessen verfolgt.

Eine Studie der Universität Oxford mit dem Namen „Über die Zukunft der Arbeit“ kam zu folgendem Ergebnis: In den nächsten 20 bis 25 Jahren wird jeder zweite Job in seiner heutigen Ausprägung wegfallen. Wenn dies stimmt, sollte da ein eigenes Ministerium für Digitalisierung nicht notwendig sein? Reicht da eine „Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung“ in Person der Staatsministerin Dorothee Bär wirklich aus? Mir scheint es, dass sich Deutschland hier noch im Dornröschenschlaf befindet. Was meinen Sie?

Leben in der digitalen Welt

Denn ich bin überzeugt, dass die digitale Welt längst bei den Menschen angekommen ist. Wir nutzen sie über unsere Smartphones, als wenn es nie anders gewesen wäre. Wir checken stündlich die neusten News, teilen Bilder, kaufen ein, chatten oder buchen uns eine Reise (jedenfalls haben wir das vor Corona getan). Diejenigen, die wollen und können, steuern Ihre „Haustechnik“ wie Heizung oder Kaffeemaschine über eine App vom Büro aus. Täglich schauen wir im Durchschnitt 200-mal auf das Display und richten größtenteils unser Leben danach aus. Anderes Beispiel: Wir halten unsere Brieftasche an einen Bezahlterminal im Geschäft und tragen die Ware davon. Und das ist erst der Anfang.

Sehr weit sind Forschung und Industrie im Bereich „Autonomes Fahren“. Geht man von einer stetigen Weiterwicklung aus, stellt sich die Frage, ob in einigen Jahren ein Student als Taxifahrer noch etwas dazuverdienen können wird. Firmen, nicht nur in skandinavischen Ländern, pflanzen Ihren Mitarbeitern – natürlich mit deren Zustimmung – kleine Chips unter die Haut. Diese dienen der Zeiterfassung oder geben den Zugang zu Räumlichkeiten im Firmengelände frei, in die nur Freigabeberechtigte dürfen. Wer kennt nicht aus James-Bond-Filmen die Identifizierung von Personen durch Laserscan der Linse im Auge. Zukunftsmusik? Die automatische Gesichtserkennung, die mein Smartphone bereits als Funktion anbietet, ist technisch längst ausgereift und könnte auch für die Identifizierung von Personen bei Kontrollen eingesetzt werden. Nicht nur bei der Terrorismusbekämpfung. Der Personalausweis degradiert in der Zukunft zu einem Relikt der Vergangenheit. Hatte ich schon das Bezahlen mit Crypto-Währungen erwähnt?

Welche Fragen stehen an?

Aber nun genug der Horrorszenarien. Corona reicht uns doch schon. Die Fragen der Zukunft bezüglich der Veränderungen unserer Arbeitswelt werden durch Corona befeuert. Und das ist gut. Denn es benötigt dringend Antworten auf Fragen, die uns doch alle beschäftigen:

  • Zerstören Algorithmen und Roboter zukünftig millionenfach unsere Jobs oder befreit uns künstliche Intelligenz von mühseliger Arbeit und schenkt uns Raum für Muße und Kreativität?
  • Bedroht das umfangreiche Sammeln und Auswerten von Daten unsere Demokratie und Meinungsfreiheit oder können wir Dank „Big Data“ in der Zukunft Naturkatastrophen verhindern und Krankheiten schneller heilen?
  • Konzentriert sich alles Kapital zukünftig in den Händen weniger Digitalkonzerne und erlangen diese immer mehr Macht oder erfinden wir Dank der Digitalisierung Wirtschaftsmodelle, in denen alle teilhaben und profitieren?

Nie waren Antworten auf diese Fragen wichtiger als heute.

Zurück zum „Normalzustand“?

Eins ist klar: Jetzt ist die Zeit zu reagieren und die Weichen neu zu stellen. Und Corona? Macht den nötigen Dampf im Kessel. Natürlich gilt es jetzt von Seiten der Politik zuerst eine Krise zu meistern. Das steht im Vordergrund aller Bemühungen. Die Arbeitswelt ächzt und der Privatmensch auch. Als Optimist sieht man in diesen Wochen die Lichter am Ende des Tunnels. Der Impfstoff wird hoffentlich bald da sein und alles wird wieder „normal“. Oder nicht? Ist das Zurück zum alten Zustand wirklich das Ziel?

Ich wiederhole das Ergebnis der Oxford Studie: „In den nächsten 20 – 25 Jahren wird jeder zweite Job in seiner heutigen Ausprägung wegfallen“. Aussagen des Philosophen und Bestsellerautors Richard David Precht, der momentan medial sehr häufig zu sehen ist, decken sich mit dem Ergebnis der Studie. Seine Schätzung zur Veränderung der Arbeitswelt in den nächsten zwei Jahrzehnten durch die Digitalisierung: In der Automobilbranche wird samt Zulieferindustrie die Beschäftigungszahl von jetzt zwei Millionen Menschen (Deutschland und Österreich) auf 200.000 Beschäftige schrumpfen. Branchen wie Banken, Versicherungen und das Rechtswesen halbieren die Zahl ihrer Beschäftigten. Computersysteme mit künstlicher Intelligenz werden nicht krank und fahren auch nicht in Urlaub. Das klingt zynisch, ist aber so.

Wer taktisch agiert, tut das, was für Ihn situativ am besten ist. Wer strategisch handelt, sucht sich ein Ziel und überlegt, welche Schritte notwendig sind, um dahin zu gelangen. Bleibt die Frage, welchen Weg man wählt. Und diese Entscheidungen stehen nicht nur für die Politik, sondern wahrscheinlich auch für Sie selbst an. Wie werden Sie aktiv? Und wie passen Sie Ihre berufliche Ausrichtung den gesellschaftlichen Entwicklungen an? Es lohnt sich darüber nachzudenken.

Auch ich bleibe an dem Thema dran und werde in weiteren Blogbeiträgen in den nächsten Wochen einen Blick zurück in die Geschichte der Arbeitswelt wagen. Sie sind herzlich eingeladen in diesem Blog dabei zu sein!

Über den Autor: Werner Dressler startete als Jobcoach bei der TERTIA in Bergheim und ist in gleicher Funktion seit Februar 2020 bei der TERTIA in Düsseldorf tätig. Sein Berufsleben ist geprägt durch Beratertätigkeiten in den Bereichen Vertrieb und im Marketing. Über zwölf Jahre war er als selbständiger Agenturleiter tätig. Im Talentcenter berät Herr Dressler Menschen bei Ihrer Berufs- und Karriereplanung. Seine Schwerpunkte: Bewerbungscoaching, Selbstpräsentation und Kommunikation.

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